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aus: radikal Nr.98, 10/1981

Schweine ins Weltall

Vorbemerkung:
Im Februar diesen Jahres ging ein von der linken Öffentlichkleit wenig beachteter Prozess im Moabiter Bunker zu Ende. Angeklagt waren Klaus Viehmann (Entführung des Bonzen Palmers, Till Meyer Befreiung, Anlegen eines Waffenverstecks im Tegler Forst, Banküberfälle, Mitgliedschaft in der Bewegung 2. Juni), Gabriele Rollnick (Lorenz-Entführung, Drenkmann-Erschießung, Flucht aus dem Frauengefängnis Lehrter-Straße, Palmers-Entführung, Till Meyer Befreiung, Banküberfälle, Mitgliedschaft 2. Juni), Angelika Goder (Palmers-Entführung, Till Meyer Befreiung, Banküberfälle, Mitgliedschaft 2. Juni), Gudrun Stürmer (Mitgliedschaft 2. Juni).

Gudrun wurden viereinhalb Jahre verpaßt. Allein für die Mitgliedschaft. Alle anderen bekamen die für "Top-Terroristen" mittlerweile obligatorischen 15 Jahre. Hochsicherheitstrakt, versteht sich. Bei der Urteilsverkündung war nur noch Klaus Viehmann anwesend, die anderen waren auf eigenen Wunsch ausgeschloßen worden, bzw. durch den Hungerstreik verhandlungsunfähig.

Ebenso unbemerkt wie der gesammte Prozessverlauf, blieb bisher auch das Schlußwort von Klaus. Dieses bezieht sich nicht auf den Prozess und ist auch nicht an die Schweine im schwarzen Umhang gerichtet, sondern versucht auf Grundlage seiner Erfahrungen, mit Widerstandsbewegungen und Illegalität, sowie einer aktuellen Analyse der ökonomischen und politischen Krise des Kapitals die Notwendigikeit für die Entwicklung einer autonomen Gegenmacht aufzuzeigen.

Da sich der Text bruchlos in die seit längerer Zeit in der »radikal« geführten Diskussion einreiht, bzw. die Auseinandersetzung in der Bewegung über die Entwicklung eines strukturierten Widerstands vielleicht beschleunigen kann, finden wir ihn wichtig. Wir wollen den Text, trotz seiner Länge, in vollem Umfang abdrucken, weil er unseres Wissens nach bisher noch nicht veröffentlicht worden ist, können das aber aus Platzgründen nur in zwei Teilen.

Der erste Teil in dieser Nummer vesucht die Notwendigkeit für die Auseinandersetzung mit der Illegalität aufzuzeigen und setzt sich danach folgerichtig mit dem Knastsystem auseinander. Der zweite Teil in der nächsten »radikal« analysiert die gegenwärte Krise des Kapitals und die daraus resultierende imperialistische Kriegsgefahr, beschreibt Methoden der sozialen Kontrolle im Computerstaat und kommt zum Schluß, daß ein erfolgreicher Kampf gegen dieses Schweinesystem nur mit einer Vielfalt von Methoden geführt werden kann - und, daß diese Vielfalt auch die organisierte Militanz beinhalten muß, wollen wir die Schweine endlich in Weltall jagen.

Schlusswort von Klaus Viehmann:

ich will mich hier weder als juristischer kaffesatzleser betätigen, noch will ich in die mottenkiste vergangener glorreicher oder auch finsterer tage greifen. schließlich ist es unser bestreben immer nach vorne zu gehen und nicht der vergangenheit hinterherzuheulen.

es steht ein jahrzehnt vor der tür, was sich gegen die relativ lahmen siebziger jahre wie ein schnellzug ausmachen wird. und wenn wir, die linke, in diesen jahren etwas erreichen wollen, dann müssen die alten sachen soweit sie heute noch von bedeutung sind, endlich aufgearbeitet und produktiv für die zukunft verwendet werden. voraussetzung für jede aufarbeitung ist diskussion zwischen den linken, ist ein bewußtsein über die notwendigkeit von zusammenarbeit, wie sie in der brd immer wichtiger wird.

die grundsätzlichen fragen sind dabei immer die gleichen: wo stehen wir jetzt? was wollen wir erreichen? wer ist unser feind? wie - und mit wem zusammen - kämpfen wir, um ans ziel zu kommen ?

diese fragen lassen sich nicht endgültig vom Schreibtisch aus beantworten und schon gar nicht von einem aus, der, ziemlich isoliert vom alltag draussen, im knast steht. letztlich kann die beantwortung ohnehin nur auf der Strasse stattfinden.

wer aber diese fragen ernsthaft stellt und sie beantworten will, muss sich über eines klar sein: wer anfängt zu kämpfen für die soziale revolution, der tut das um eines tages zu siegen und nicht mit der absieht irgendwann die trümmer seiner niederlagen zu beweinen. sicherlich werden wir auf unserem weg noch viele verluste einstecken müssen, aber daraus kann man, muß man sogar, lernen, damit nicht alle alten fehler ständig wiederholt werden. die zeiten sind ja auch nicht mehr so, daß einem der feind viel gelegenheit geben würde, fehler neu zu machen. während das wissen um die bekämpfung von rebellion seit jarhunderten von den herrschenden gespeichert und ausgewertet wird, müssen die linken die methoden immer wieder neu erlernen, gerade in der brd, wo in den letzten hundert jahren die arbeiterbewegung brutal zerschlagen und eingebunden wurde. selbst die apo der endsechziger, die jugendrevolte, sind in gefahr viel zu wenig für die heutigen Bewegungen rüberzubringen an erfahrungen und wissen, wenn sie diese vermittlung den professionellen geschichtsfälschern und betulich gewordenen altlinken überlassen.

wenn die neuen feuer unter den sesseln der herrschenden nicht nur ein Strohfeuer sein sollen, müssen wir sowohl aus dem vergangenen lernen, als auch einen blick in das bevorstehende bekommen. deshalb müssen alle versuchen über ihre unmittelbare umgebung hinauszusehen, ob das nun die diversen "spezialitätentätigkeiten" wie knastarbeit, betriebsarbeit oder ökologie oder gar der rand der müslischüssel sei. die bewaffneten linken sind bei dieser aufforderung nicht ausgenommen.
alle müssen dahin kommen, sich selbst wieder als teil des ganzen zu sehen, der gesamten linken und ihrer bündnispartner und nicht das ganze nur als teile. der alte fehler nur in ausschließlichkeiten und nicht in verbindungen denken zu können, nur schwarz oder weiß, nie aber beides als ergänzungen sehen zu können, hat schon zu lange zu politischen verhältnissen geführt, die eher durch Spaltungen als durch tragbare kompromisse geprägt sind.

es wird für alle teile der linken in den nächsten jahren härter werden angesichts der sich verschärfenden probleme, die von der instabilität globaler herrschaft bis hin zur rebellion in den metropolen selbst reichen. es werden auch nur graduelle abstufungen in der repression sein, denen die linke ausgesetzt sein wird, denn sie soll klein gehalten werden, ehe sie sich der neuen situation und der beginnenden schwäche der bonzen bewußt wird und sich mit alle denen, die nicht mehr viel zu leben haben werden, verbündet; ob das der arbeitslose jugendliche, der auf die strasse sanierte rentner, der strahlenverseuchte niedersachse oder der türke von nebenan sein wird. ohne die verbindung von radikaler linken und den aufkommenden sozialen gruppen wird es keine massenbewegung geben, die eine reale erfolgschance hat.
die radikale linke für sich alleine deshalb nicht, weil sie wie die guerilla vor dem dilemma steht, entweder anzuwachsen oder bedeutungslos zu werden - die neuen deklassierten für sich alleine aus dem grunde nicht, weil sie die erfahrungen der letzten jahre, des direkten kampfes gegen Unterdrückung brauchen, wollen sie nicht durch falsche strategien und taktiken entsetzliche verluste hinnehmen.

eine frage, die bei den kommenden kämpfen sicher eine rolle spielen wird, ist die nach der anwendung von gewalt von unserer seite aus - die andere Seite diskutiert ja nichtmal über gewalt - diskussion hat mich des öfteren an einen schwerhörigendialog erinnert, zumindest in der art, wie sie meistens geführt wurde. die einen machen nämlich aus ihrer gewaltfreiheit eine ideologie und unterstellen ihren kontrahenden, sie würden aus gewaltanwendung auch eine machen. das ist natürlich blödsinn.

für jeden revolutinär ist klar, daß er gewalt nur dann anwendet, wenn sie notwendig ist, klar gegen den feind gerichtet und einem selbst bessere positionen im kampf verschafft. wir sehen in der gewalt eine methode unter vielen im kampf von unterdrückten gegen herrschende und als solche ist sie auch legitim. der gegensatz zur gewalt um ihrer selbst willen sollte spätestens noch mal beim faschistischen attentat vom münchener oktoberfest klargeworden sein; diese art von gewalt richtet sich immer gegen das volk. münchen war sicher nicht der letzte anschlag dieser art, schliesslich ist die brd ein land, in dem die neofaschisten ungestört aufrüsten können, während jeder linke schon mit 'nem katapult den »untergang des christlichen abendlandes« einläutet, glaubt man der presse oder justiz.
einige leute - ich weiß nicht, ob es echte pazifisten sind, oder nur die art von gewaltfreien, die uns unserer waffen berauben wollen, um uns zu schwächen und zu spalten - sperren sich sogar mit dem argument gegen geldsammlungen für waffen, für die befreiungsbewegung in el salvador, daß mit diesem geld gewalt unterstützt würde und dies neue gewalt hervorrufen würde. da steckt ein gewisser zynismus drinn, denn jeder, der hier steuern zahlt, oder auch nur eine tasse kaffee trinkt - der ja aus el salvador importiert wird - unterstützt damit den krieg der junta gegen das el salvadorianische volk. es ist beklemmend, das widerstand gegen gewalt gerade dann laut wird, wenn es darum geht ein volk zu bewaffnen gegen seine mörder und nicht schon dann, wenn diese mörder das unbewaffnete volk abschlachten. wenn es noch nicht gewalt gegeben hätte, nicht alle historischen verhältnisse auch gewaltverhältnisse gewesen wären, ja dann wären die linken sicher nicht die, die mit der gewalt beginnen würden.

ein etwas banaleres beispiel als der befreiungskrieg in el salvador: wer hält schon zweimal seinen kopf hin bei ei-ner strassenschlacht, wenn einem schon der erste knüppelschlag eine gehirnerschütterung verpaßt ? müsste man doch bescheuert sein. und wem nützt es denn, wenn wir prinzipiell auf militante gegenwehr - die immer als »brutale gewalt« bezeichnet werden wird von denen, die sie selber staatlich ausüben - verzichten? uns bestimmt nicht. wenn man mal einen oder mehrere staatsdiener auf der flucht sieht, zum beispiel bei einer demo, dann gibt das eben auch mut und ein gefühl von dem, was man erreichen kann.

wer aus der gewaltfreiheit eine lebenseinstellung macht, der wird sich bei den härter werdenden auseinandersetzungen der kommenden jahre des öfteren verprügeln lassen müssen und eines tages wird er gar nicht mehr auf die strasse gehen. immer nur einzustecken ohne auch mal auszuteilen das verschafft furcht und resignation, das verstärkt nur den mythos der staatlichen allmacht. wir benutzen die gewalt, um die gewalt eines tages abzuschaffen, nicht mehr und nicht weniger.

schließlich wäre es auch grotesk, unsere kampfformen von demselben staat diktieren zulassen, den wir bekämpfen und besiegen wollen. der erlaubt uns freiwillig nur genau soviel, wie für ihn nicht gefährlich ist. die methoden unseres kampfes müssen wir moralisch wie politisch selber festlegen, niemand anders.

die frage nach der gewalt war auch immer eine, die die diskussion in der linken über - leider zu selten mit - der stadtguerilla bestimmt hat. ein weiteres manko bei dieser diskussion war die mangelnde differenzierung von gewaltformen, die ja von sabotage am fliessband bis hin zu bombenanschlägen und entführungen reichen können. selbst wenn man sich im prinzip einig war, gewalt als mitunter notwendig zu akzeptieren, kam doch des öfteren der vorwurf gegen die Stadtguerilla, "killer" oder "abenteurer" zu sein.
am vehementesten wurden diese vorwürfe gemacht von denen, die sich durch die existenz des bewaffneten kampfes in ihrer lebensart bedroht sahen. sei es direkt, daß sie ihren etwas etablierten und auf anpassung ausgerichteten status gefährdet sahen, oder weil sie es für opportun hielten, sich lieber in die lange Schlange der distanzierer und Besserwisser einzureihen, die ihr heil längst nicht mehr in der konfrontation mit diesem staat, sondern in einem überleben in den nischen des systems suchen. das geht so weit, daß viele ihren frieden mit der herrschaft damit rechtfertigen wollen, daß es ja eigentlich nicht der staat und seine träger gewesen wären, die die gewalt und innere aufrüstung gewollt hätten, sondern daß die "kinderfressenden terroristen" sie dazu gezwungen hätten.
zuviel dieser fragwürdigen argumentation: mobile einsatzkommandos, notstandsgesetze, Bundeswehrübungen gegen streikende arbeiter und fahndungscomputer gab es schon, als in der brd und westberlin von stadtguerilla noch nix zu sehen war.

auch der vorwurf an die adresse des bewaffneten kampfes, daß er dem staat die legitimation für szene repressiven maßnahmen geliefert hätte, trifft daneben. erstens wäre es reichlich naiv anzunehmen, daß ein staat sich nicht wehren würde, wenn er angegriffen wird und seine bonzen ihren profit und ihre macht bedroht sehen; zweitens haben die noch immer was gefunden, um ihre jeweiligen sauereien zu verkaufen. früher waren es die juden, heute sind es die asylanten, die radikalen ausländer und "chaoten". die kommunisten waren es eh schon immer, grad in diesem land, wo die führende elite ihre politische sozialisation in der nazistischen ära des "anti-bolschewismus" erfahren hat.

wer sich nur noch per distanzierung politisch äußern kann, der versperrt auch die möglichkeit einer kritik und selbstkritik der stadtguerilla. dabei wäre gerade die jetzt enorm wichtig, um die intensiven erfahrungen, die gerade siein den letzten zwölf jahren mit der Staatsmacht gemacht hat, für die kommenden sozialen Bewegungen hier nutzbar zu machen. es bringt nicht weiter, wenn aus angst heraus immer nur die sicherlich gemachten fehler thematisiert werden und darüber die absichten und die mögliche effektivität der methode stadtguerilla verdrängt werden. verdrängt werden das ist ein wichtiger punkt, den vielfach wird nicht kühl und sachlich abgewogen, sondern es wird über etwas geschwätzt, was es nicht gibt, höchstens in der vorstellungswelt einzelner existiert. revolutionäre zellen haben das mal treffend den 'mythos vom bewaffneten kämpf' genannt.

weder das abziehbild vom irren, wild um sich schießenden abenteurer, noch das vom glorreichen 'fighter' als dem 'neuen menschen', entsprechend der wirklichkeit. klar, wenn jemand meint, daß dieses land das freiheitlichste der erde ist, dann muß ihm jeder, der dagegen kämpft, als irrer erscheinen; und dem, dem das System als vollkommen unbesiegbar und unangreifbar erscheint, müssen alle die, die dennoch dagegen kämpfen als pure helden erscheinen. in wirklichkeit sind es immer menschen, mit all ihren stärken und schwächen, die da kämpfen. es ist schlimm, wenn sie durch den einen oder anderen mythos ihrer menschlichkeit beraubt werden. zumal dadurch widerstand wiedereinmal als etwas kaum machbares, fremdes erscheinen soll. auf jeden fall als nichts, was es nach oder mitzumachen gelte.
über die machbarkeit von widerstand hat ein eta-kommando in seinem Bericht über die halbe himmelfahrt von francos stellvertreter carrero blanco folgendes geschrieben: "es ist nicht nötig bergbauingenieur zu sein, um einen tunnel unter der Strasse zu graben. man muß kein Sprengstoffspezialist sein, um das pflaster in die luft zu jagen, ebensowenig ist es notwendig Spezialist für optik zu sein, um ein auto so hinzustellen, daß man eine stelle markiert und jemanden hinzustellen, der ein zeichen gibt. anders gesagt, man muß die mythen vernichten. niemand ist ein gott und keiner braucht das zu sein: das ist das werk ganz normaler leute...." und was die eta über eine relativ komplizierte aktion sagt, das gilt übertragen für alle Bereiche des Widerstandes: jede und jeder kann alles lernen.

'legal - illegal - scheißegal!' ist eine parole, wie sie in letzter zeit an häuserwänden auftaucht, soweit ich da den bildern der außenwelt trauen kann. wenn es sich auf die art von aktionen bezieht, ist das richtig, drückt sie doch nur aus, daß wir unser handeln nicht durch die herrschenden bestimmen lassen. nicht ganz so egal ist es allerdings mit dem illegalsein, also verdeckt oder per konterfei an der Litfaßsäule von den bullen gesucht zu werden.

illegaltät bringt natürlich ein paar änderungen des lebensstils mit sich, was aber nicht bedeutet, daß das permanente flucht und gehetzt sein heißt; sowas erzählen die bullen bloß, um sich nicht zu blamieren mit ihrem gigantischen fahndungsapparat. solche probleme sind lösbar in der praxis. wirklich problematisch wird es für eine organisation und deren mitglieder in der illegalität erst dann, wenn aus der aus rein technischen gründen notwendigen abschottung der logistik gegenüber der umwelt eine revolutionäre tugend gemacht wird. wenn die illegalisierung der genossinnen und genossen zum organisationsprinzip erhoben wird und alles andere als relativ unwichtig und 'nicht richtig revolutionär' angesehen wird. dabei ist illegalität als organisatorisches prinzip ziemlich zeitraubend - ein legaler genosse braucht zumeist weniger probleme lösen, ehe er aktionen, auch illegale, machen kann, als ein illegaler, der vorher erstmal seine unmittelbaren lebensbedürfnisse und seine sicherheit regeln muß.

die politische gefahr der illegalität liegt darin, daß ein entfremdungsprozeß zur restlichen linken, zum alltag überhaupt, eintreten kann. in solchen entfremdungsprozeßen liegen auch die wurzeln von aktionen, die sich nur noch um probleme der guerilla, weniger aber um mobilisierung und agitation gekümmert haben. zu vermeiden ist so etwas nur, wenn zwischen den illegalen, der stadtguerilla und der legalen linken eine permanente auseinandersetzung geführt wird. daß das leicht ist, behauptet niemand und seit dem agiturteil arbeitet die schere im kopf der linken medienmacher sehr gründlich. es gibt auch keine patentlösung für die art der durchführung von diskussionen und es wäre erst recht keine, wenn sie öffentlich ausposaunt würde.

diesen knackpunkt, die kommunikation zwischen stadtguerilla und legalen linken, haben auch die bullen erkannt und es ist ihr wesentliches interesse, diese diskussion zu unterbinden. die bullen wissen vielleicht besser als viele linke, was diesem staat bevorstehen würde, wenn sich das wissen und die operationelle möglichkeiten der stadtguerilla als bestandteil der linken mit den sozialen massenkämpfen der achtziger jahre verbinden würden. deshalb und nicht aus lauter spaß hat sich schließlich ein polizeiminister mit einem ehemaligen staatsfeind wie mahler an einen tisch gesetzt. die beiden wissen vermutlich sehr genau, daß hier eine riesige zeitbombe tickt, die sie bald entschärfen müßen, ehe sie ihnen unter'm arsch hoch geht.

ihre sogenannten 'dialoge', das gewäsch von einer 'weichen welle', sollen nur dazu dienen leute aus der linken abzuspalten und ähnlich wie schon weite teile der alten apo zu integrieren. und all die anderen, die sich nicht mit brosamen vom tisch der herrschenden abspeisen lassen wollen, denen die Sprüche von oben zu hohl sind, werden immer mehr kriminalisiert werden. zuckerbrot und peitsche - teile und herrsche; die uralte Strategie der Unterdrückung heute neu und werbewirksam verpackt.

zu denen, die jetzt verstärkt kriminalisiert und eingemacht werden sollen durch gesetze und bullenmanöver, gehören auch die massenmilitanten autonomen gruppen der akwgegner. kalkar 1977, wo binnen weniger stunden zehntausende demomstranten kontrolliert und gefilzt wurden, noch ehe sie den bauzaun des schnellen Brüters auch nur von weitem gesehen hätten, hat bitter klargemacht, dass massenmilitanz gegen einen vorberiteten, besser ausgerüsteten gegner keine grosse chance hat. so gut man sich gegen Wasserwerfer und tränengas noch mit eigenen mitteln zur wehr setzen kann vorausgesetzt die bullen nehmen nicht schon vorher alles ab es wäre Wahnsinn, in einer eskalierten eskalation gegen maschinengewehre und handgranaten offen anzurennen. es war zwar in frankreich, wo bereits handgranaten gegen akw-gegner eingesetzt wurden - vital michalon starb am 13. 7. 1977 in malville - aber dass auch in der brd nicht von der anwendung von todesschutzgesetzen zurückgeschreckt werden würde, zeigen die äusserungen von albrecht, der bei der grohnde demo kurz davor stand, den Schiessbefehl zu geben.

kriminalisierung schafft zwei alternativen: entweder weniger zu machen und sich aus politischen kämpfen zurückziehen, oder sich auf die möglichkeit der illigalität vorzubereiten. wem diese alternative heute zu überspitzt erscheint, der läuft in die gefahr leichtsinnig bis auf den tag zu warten, wo es den regierenden mal beliebt, ihre Schubladenpläne zur ausschaltung der linken opposition hervorzuholen. und zu glauben das es solche pläne nicht gäbe, wäre ein zeichen für mangelnden geschichtsbewusstsein und vorstellungskraft. ohne jede illegale, subversive struktur zu arbeiten bedeutet zudem, dass man schon heute kontrollierbar ist durch den überwachungsinstrumente und bezahlten schnüffler des staates.

aktuelles beispiel für die kriminalisierung von militanten sind die eingeknasteten kreuzberger häuserkämpfer. so lange es nur um relativ wenig knast geht, kann man sich überlegen den abzusitzen, auch wenn wir es prinzipiell nicht den bullen überlassen sollten, wer im knast sitzt und wer nicht. denn sonst wären nur immer unsere leute drin und die, die es vielmehr verdienen, niemals. das beispiel der kreuzberger zeigt auch, dass es wichtig ist, sich mit der möglichkeit der illigalität auch mit der des knastes zu beschäftigen. und das am besten in form einer breiten auseinandersetzung mit dem knastsystem. das geht auch die an, die nicht direkt betroffen sein könnten, die aber gegen die einknastung der gesellschaft und gegen totale kontrolle kämpfen wollen.

der widerstand der gefangenen und der linken draussen gegen diese augenfälligste, betongewordene art der staatsgewalt hat in der brd keine so lange geschichte wie zum beispiel in frankreich oder in spanien. aber in den letzten jahren ist das Bewusstsein über den knast erheblich grösser geworden.
eine ziemliche rolle in der aktuellen diskussion spielen die sondergefängnisse. den moabiter hochsicherheitstrakt kenne ich aus eigener anschauung.

hochsicherheitstrakt
- das heisst fast alle lebensäusserungen stossen an betonmauern, videokameras, mikrophone, neonröhren und panzerglasfenster;

- das heisst jahrelange isolation von kleinen und kleinsten gruppen bei minimalen abwechslungsmöglichkeiten;

- das heisst physische und psychische Schädigungen bei den gefangengen;

- das heisst modell für neugebaute und geplante knäste, wie zum beispiel der neue frauenknast in plötzensee nach dem vorbild des moabiter traktes errichtet wird;

- das heisst spitze einer ausgetüftelten pyramide von belohnen und strafen, spitze der technokratischen gefängnisreform;

- das heisst Widerstandsbekämpfung, versuch der ausschaltung von opposition und nicht systemkonformen verhalten;

- das heisst zwar leicht variierte konzepte, je nach dem mehr oder weniger hochsicher, aber immer unmenschlich.

hochsicherheitstrakt heisst aber auch widerstand dagegen. das beweisen die hungerstreiks, die Schlägereien mit den Wärtern und das belegen auch nicht zuletzt die relativ breiten kampagnen und die aktionen gegen die trakte im letzten jahr und zuvor.

mit der errichtung der hochsicherheitstrakte ist diesem staat die liberale maske ein wenig weiter runtergerutscht und gibt ein neues stück faschismus frei. genau das, das drohend faschistische, soll die wesentliche funktion erfüllen abzuschrecken und angst zu erzeugen. jedem soll vor augen geführt werden, was ihm blühen kann, wenn er sich mit diesem staat anlegt. (nebenbei ist es bemerkenswert, dass die herkömmlichen knäste diese abschreckungsfunktion anscheinend nicht mehr hinlänglich erfüllen gegen die heutige opposition.)

hochsicherheitstrakt für alle die, die konsequent gegen alle arten von ausbeutung und unterdrückung widerstand leisten und damit auch im knast nicht aufhören, mit dem etikett »gefährlich« oder »vollzugsstörer« beklebt werden.

therapievollzug für die, die von ihrem abweichenden verhalten wieder an die soziale art des fliessbandarbeiters »resozialisiert« werden sollen - offener vollzug für diejenigen, die zwar bestraft werden sollen, aber tagsüber wenigstens nicht dem kapitalistischen allgemeinwohl als billige arbeitskraft verloren gehen sollen.

heute gibt es noch viele mischformen oder auch den schlichten verwahrvollzug, in dem die gefangenen weitgehend sich überlassen werden. je nach finanzieller situation der länder und je nach stand der sozialen auseinandersetztungen wird das aber aussterben und völlig durch gefängnisse neuer konzeption ersetzt werden. parallel zur automatisierung in der Produktion die elektronische ausstattung der neuen knäste; vom arbeits und zuchthaus von gestern zur totalen überwachung a la orwell's »1984«, so soll die entwicklung nach dem willen der knastbaukommandanten laufen, wenn wir diese Schreibtischtäter nicht daran hindern.

es ist wahnsinnig schwer, unter allen gefangenen im knast eine einheit herzustellen. schliesslich sitzen fixer, ausländer, safeknacker, säumige alimentezahler, zuhälter, dealer und andere menschen mit den von staats wegen aufgeklebten etikettierungen. innerhalb der linken gefangengen gibt es verschiedene vorstellungen, wie der knastkampf zu führen sei und was für bedingungen erreicht werden sollten. genau so wenig wie draussen herrscht zwischen den gefangenen eitel friede, freude, sonnenschein, auch insofern wird der grosse knast im kleinen gespielt. allen gemeinsam bleibt aber das ziel, raus aus'm knast und weg mit allen internierungsanstalten. wenn man das im auge behält, ist dieses ziel eine klammer für die diskussion über davorliegende aufgaben. wie draussen entwickelt sich auch im knast der widerstand in eruptionen, die nie genau vorauszuberechnen sind. aber mit jeder neuen welle wächst das bewusstsein darüber, dass der feind nie neben eine steht, sondern immer gegenüber.

für den knastkampf, die solidarität mit den gefangengen, hat die unterscheidung zwischen der forderung nach zusammenlegung von gefangengen aus der guerilla und der forderung nach integration in den normalvollzug für alle, seit jahren eine ziemliche bedeutung und wird sie vermutlich auch noch einige zeit behalten. jedenfalls agieren die vertreter der einen oder der anderen linie zielmlich getrennt voneinander.

der letzte grosse hs hatte dann auch nur die gemeinsamkeit, dass gefangene gegen die haftbedingungen gekämpft haben. anfangs waren es bundesweit über 200 gefangene, die mit unterschiedlichen forderungen angetreten sind. die reichten von einzelnen konkreten forderungen nach verbesserungen in regionalen knästen über die abschaffung der trakte und sondergefängnisse bis hin zur forderung der gefangenen aus der raf nach zusammenlegung. im bewußtsein der öffentlichkeit ist nach dem abbruch des hungerstreiks und nach dem sigurd debus zu tode zwangsernährt worden ist, fast nur dieser forderung klebengeblieben. es war sogar in linken Zeitungen zu lesen, dass die anderen hungerstreikenden nur reine solidaritätsaktionen für den kampf um zusammenlegung gewesen wären.

die öffentlichkeit, einschliesslich der linken leider, funktiert immer noch nach dem zynischen prinzip der sensa-tionen - ehe nicht lebensgefahr besteht, ehe es nicht nicht tote gibt, passiert viel zu wenig. erst dann öffnen sich die zeitungsspalten für ein diskussion und dann noch für eine leider sehr miese.

die einen behaupten jetzt, nachdem er zu ende ist, dass sie ihre solidarität mit dem kampf der gefangengen nur deshalb hätten nicht ausüben können, weil sie die forderung nach zusammenlegung oder die raf nicht hätten unterstützen wollten. eine ziemlich verlogene position, denn diese leute sind die gleichen, die sich auch mit anderen forderungen von gefangengen noch nie solidarisiert haben, es sei denn mit dem mundwerk. ihre argumentation dient nur ihrem schlechtem gewissen als sanftes ruhekissen. für eine andere gruppe wiederum ist die diskussion über die richtige linie im knastkampf völlig tabuisiert. weil die nur moralisch an die frage herangehen und sagen, dass wenn ein genosse für diese forderungen stirbt, dann können das nur richtige forderungen sein.

dabei muß gerade jetzt die diskussion über den knastkampf endlich mal auf nen Punkt kommen, sie muß geführt werden und zwar politisch und nicht moralisch. in der hoffung auf ein ausführliche diskussion werde ich eine position auch hier nur kurz anreissen. gegen die forderung nach zusammenlegung sprechen im wesentlichen folgende sachen:

Zusammenlegung der gefangengen aus der guerilla beinhaltet in irgendeiner form die einlassung auf hochsicherheitstrakte und es ist ein irrtum zu glauben, die trakte seien von innen zu knacken

eine forderung nach Zusammenlegung in gruppen, selbst wenn es sogar 15ner gruppen wären und nicht die erheblich wahrscheinlicheren kleingruppen wie sie in der nächsten zeit bestehen werden, kommt grundsätzlich dem abteilungsgefängnis entgegen, wie es von den knastkommandanten in der brd eingeführt wird. kleine gruppen unter hohem Sicherheitsaufwand, bzw. unter permanenter beobachtung sind das credo dieser gefängnisreform, selbst jugendknäste werden schon so gebaut als reaktion der bonzen auf die unkontrollierte subkultur in knästen alten stils, wo praktisch alle gefangenen noch irgendwie zusammenkommen konnten.

der wichtigste einwand gegen die zusammenlegung von gefangengen aus der guerilla in sonderknästen oder sicherheitsbereichen ist langfristig ein politischer. durch die abschottung der gruppe verliert man jeden kontakt zu den bereits entstehenden und immer weiter anwachsenden sozialrevolutionären und oppositionellen bewegungen im und um den knast.

die brigate rosse haben mit der entfüh-rung des richters d'urso aus der schon weiter eskalierten situation in italien die konsequenz gezogen. ihre strategie zielt auf eine einheit aller gefangenen, die kämpfen wollen, ab.
gleichzeitig auf die zerstörung der hochsicherheitsgefängnisse und letztlich des knastes überhaupt. das beruht auf der richtigen einschätzung, das der knast immer wichtiger werden wird in der kommenden zeit der auseinandersetzungen. knast war und ist die letzte weisheit der herrschenden gegen rebellion und offenen widerstand und deshalb ist es auch strategisch - nicht nur moralisch, wie manche caritas-fans glauben - sache, gemeinsam die trakte und letztlich den knast zu zerschlagen.

in der brd und westberlin ist die situation zwar noch nicht so wie in italien entwickelt, aber vergleichbar immerhin. die strategie der brigate rosse können beim knastkampf ein modell für das vorgehen hier sein.
aber auch wer die forderung nach zusammenlegung draussen nicht teilt, kann seine solidarität nicht von vorleistungen abhängig machen. schließlich sind es immer bullen, die die menschen einknasten und die gefangenen sind nicht die, die die bedinungen im knast diktieren.

zu der forderung nach 'integration in den normalvollzug' ist einiges klarzustellen, weil sie so ungenau bezeichnet ist. die strategie im knastkampf, die so umschrieben wird, geht von der notwendigkeit einer politischen einheit hinter den mauern aus, einer durchzusetzenden gleichstellung aller gefangenen gegen das geplante abteilungs - und abschottungsgefängnis. diese Strategie entspricht der von draussen: mobilisierung und kampf an der basis, mit den betroffenen und für sie, soweit möglich. eine strategie, die von vorneherein potentzielle genossen ausschließt, taugt nicht viel über lange sieht. integration in den normalvollzug ist eine mißverständliche forderung, denn wie gesagt gibt es weniger denn je einen 'normalen' vollzug, falls es den je gegeben hat. knast ist nicht gleich knast. das gefängnis ist in zig bereiche aufgeteilt und soll noch weiter abgetrennt werden. je nach delikt, je nach anpassungs - oder widerstandsbereitschaft der gefangenen und nicht zuletzt nach frauen und männern. es wäre falsch zu glauben, daß, wenn man in einen 'normaleren' vollzug integriert wäre, daß dann das ziel erreicht wäre. das würde höchstens eine ausgangsposition im kampf um die einheit aller internierten verbessern, mehr nicht.

einheit ist gerade gegen die permanenten spaltungsabsichten der knastkommandanten dringend nötig. ohne kollektive organisation möglichst vieler gefangener wird es nie dazu kommen, daß wir die verhältnisse im knast zum tanzen bringen. die gefangenen lassen sich heute schon nicht mehr so einfach stillhalten, wir haben gelernt, daß rebellion nur einen gewißen anstoß braucht, um immer wieder und immer stärker zu entflammen. kollektivität, die einheit der gefangenen ist absolut vorrangige sache und darauf müssen auch die kampfformen und die forderungen ausgerichtet werden.

der kampf im knast ist mit denen draussen verflochten. es ist ja kein zufall, daß es immer auch dann im knast rumort; wenn anderswo gezeigt wird, daß widerstand machbar ist. die knastarbeit draussen muß auf eine neue ebene gehoben werden, indem linke gruppen generell knastarbeit als integralen bestandteil ihrer politischen praxis begreifen. die forderung nach amnestie oder 'eins, zwei, drei - lasst die leute frei!' reicht nicht aus, hat auch keine praktischen auswirkung in dem maße wie sie notwendig wäre. linke gruppen müßen auch dafür sorgen, daß ehemalige gefangene draussen strukturen vorfinden, die weiter zum kampf gegen das befähigen, von dem man im knast nur eine spielart erfahren hat.
auf diese art sind die kämpfe vor und hinter den mauern auch zu verbinden, um zu verhindern, daß jemals zu einer stille in den zellen auch noch die stille auf den straßen kommen kann.. denn damit würde auch ein stück hoffnung sterben und hoffnung ist nicht umsonst nach einer alten knackiweisheit die schwester eines jeden gefangenen. die kritik an den trakten, am knast, muß mit der kritik an der einknastung der städte verbunden werden. nicht zufällig schließlich spiegelt sich der unterschied zwischen den alten mietskasernen von kreuzberg und dem beton des märkischen viertels auch zwischen den hundert jahre alten löchern von moabit und den vielzitierten 'städtebaulichen aspekten' des traktes hier wieder. wie im trakt hängen inzwischen auch an straßenkreuzungen und öffentlichen gebäuden die videokameras der bullen; kommunikation, wie sie im moabiter altbauknast trotz der einzelhaft noch relativ unkontrolliert und zufällig stattfinden kann, entspricht praktisch dem schwatz im treppenhaus oder der eckkneipe im kiez, wo noch jeder jeden kennt. im trakt sind gruppen so abgeschottet wie mietsparteien in den hochhäusern, keiner kriegt mehr mit, wer neben ihm haust.

manche genossen glauben, daß kampagnen gegen die hochsicherheitstrakte nur einer speziellen gruppe von gefangenen nützen würde. das stimmt nicht, denn erstens ist die belegung der trakte inzwischen sehr uneinheitlich, in der mehrheit zwar nach wie vor gefangene aus der stadtguerilla, aber wie in hamburg inzwischen auch ausbrecher oder wie im celler trakt oder stammheim sogar neonazis.
zweitens sind sich alle gefangenen, egal wo sie jetzt sitzen, darüber im klaren, daß die trakte auch sie bedrohen, wenn sie anfangen zu kämpfen. deshalb sie kampagnen gegen die trakte kampagnen gegen den knast von morgen, gegen neue modelle bürgerlichen herrschaft überhaupt und auf dieser ebene sollten sie auch geführt und verstanden werden. zum knastkampf gehört noch ein wesentlicher punkt: das verhältnis der stadtguerilla zum knast, zu den gefangenen. es, hat in den letzten elf jahren viele versuche gegeben, leute aus dem knast zu holen. lorenz und die flitze aus der lehrterstr. waren die paradebeispiele für solche gelungenen aktionen, schleyer und mogadishu beispiele für ein totales scheitern solcher befreiungsaktionen.

befreiung von gefangenen war immer ein sinnbild für befreiung überhaupt, ein entkommener gefangener ist immer eine Bresche in der anmacht der herrschenden, immer ein schlag gegen die verfügungsgewalt des staates über menschen. jeder ausbruch aus dem knast ist gerechtfertigt, daran gibt es nichts zu deuteln.

ein anderes problem ist es aber, wenn sich der kampf um befreiung auf die befreiung der gefangenen reduziert, wenn das zur strategie der stadtguerilla verklärt wird. der knast ist ein kampfgebiet, aber eben nicht das einzige und das muß auch in der praxis klar bleiben.

spätestens nach 1977 war klar, daß gefangenenbefreiung als politische strategie nicht mehr anstand, daß die ausrichtung der logistik und der aktion auf das rausholen von genossen nicht mehr der notwendigkeit einer revolutionären politik in der damaligen phase entsprach. in einer phase, in der stadtguerilla nach dem 'deutschen herbst' neu hätte definiert werden müßen, in der neue strategien entwickelt hätten werden müßen, um verlorenes terrain und vertrauen in der linken zurückzugewinnen, hatte die befreiung vom till aus moabit schon damals keine strategische bedeutung. es wäre damals politisch sinnvoller und materiell erheblich weniger verlustreich gewesen, wenn man sich in hinsicht auf den knastkampf mehr auf eine kampagne und aktionen gegen die kommenden spezialgefängnisse eingerichtet hätte, als noch einmal eine befreiungsaktion zu versuchen.

was schon damals für die stadtguerilla angestanden hätte und was für die knastkämpfe gilt, gilt auch für die linke allgemein: unser ziel muß es immer sein, aus der relativen isoliertheit rauszukommen, hin zu einer massenbasis. der mangel an breiterer basis war es auch, der bei der stadtguerilla aus jeder kleinen niederlage und jedem Fehler gleich wieder einen verlust der politischen handlungsfähigkeit machte.

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